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Der Einzelhandel steht vor tiefgreifenden Herausforderungen

Einzelhandel

Gastbeitrag von Prof. Dr. Kai Kruk, Hochschule Worms

Neben der Bewältigung der Corona-bedingten Umsatzeinbußen ist der niedergelassene Einzelhandel gefordert eine Antwort auf den zunehmenden online-Handel zu finden. Händler wie Amazon oder Zalando sind für viele Konsumenten unverzichtbar geworden und es ist unwahrscheinlich, dass sich dieser Trend umkehren lässt. Die Corona-Pandemie dürfte die Marktanteile des E-Commerce weiter steigen lassen. In einer Reihe von Projekten beleuchten wir dieses Thema. Zum einen geht es um eine Bestandsaufnahme des Einzelhandels, zum anderen geht es auch darum Hemmnisse für einen eigenen Online-Auftritt und strategische Optionen des Handels zu identifizieren.

Die Ergebnisse sind bislang ernüchternd. Von den befragten über 100 Händlern aus 10 rheinland-pfälzischen Städten geben fast 58% an, dass der online-Handel mit Umsatzeinbußen für das eigene Geschäft verbunden ist. Nur 20% sehen im online-Handel eine Möglichkeit, den eigenen Umsatz zu steigern. Fast 63% der Händler geben an, dass durch den Online-Handel weniger Kunden in das eigene Geschäft strömen. Mehr als die Hälfte der Händler beklagt Umsatzrückgänge. (Die Datenerhebung wurde noch vor dem Corona-bedingten Lockdown beendet, der eine weitere Verschiebung der Kaufgewohnheiten bewirkt haben dürfte.)

Auf der anderen Seite ist lediglich die Hälfte der befragten Einzelhändler (54%) aktiv im Netz. Mit „aktiv im Netz“ ist nicht zwangsläufig der aufwändige Vertrieb über einen eigenen online Shop oder einen virtuellen Marktplatz gemeint. Auch eine eigene Website oder der Aufbau einer Fangemeinde bei Facebook kann bereits die eigene Zielgruppe binden und neue Kunden auf das eigene Angebot aufmerksam machen. Ein Unternehmen, das heute nicht in der Google-Hitliste weit oben erscheint, ist für viele gerade jüngere Konsumenten schlicht nicht relevant. Eine weitere kürzlich in Worms durchgeführte Studie belegt, dass Meinungen in sozialen Netzwerken und Onlinewerbung mittlerweile die vorherrschenden Kanäle sind, die junge Menschen zu Kaufentscheidungen bewegen (Dinh 2020).

Gründe für die Online-Abstinenz

52% der Befragten sehen den hohen Investitionsbedarf als Hauptgrund für die eigene Online-Abstinenz. Ein weiterer Grund ist fehlendes Knowhow der Händler (50%). Auf Platz drei der Hinderungsgründe wurde angegeben, dass die „technische Infrastruktur nicht gegeben sei“ (39,6%). Die Tatsache, dass für eine SEO Kampagne oder einen Facebook Auftritt keine komplexe technische Infrastruktur erforderlich ist, belegt das oft fehlende Bewusstsein für die vorhandenen Möglichkeiten. Obwohl über 70% der Händler anerkennen, dass über kurz oder lang eine eigene Online-Strategie unumgänglich ist, scheuen viele Händler bislang diesen Schritt. Wichtig ist in erster Linie eine Auseinandersetzung mit den bestehenden Möglichkeiten die eigene Zielgruppe adressatengerecht (online) zu erreichen.

Vielfältige Möglichkeiten online und offline

Neben einer eigenen E-Commerce-Strategie gibt es auch offline-Strategien, um das eigene Handelsgeschäft gegenüber der online Konkurrenz zu stärken. Viele Kunden vermissen den persönlichen Kontakt, die Beratungskompetenz und die individuelle Ansprache bei online-Händlern. Mit diesen Pfunden können Einzelhändler wuchern. In der nachstehenden Abbildung sind die Maßnahmen aufgelistet, welche die Einzelhändler bewusst getroffen haben, um der online Konkurrenz entgegenzutreten. Zwei Schwerpunkte fallen dabei ins Auge: Mit dem Schwerpunkt auf beratungsintensiven Produkten und der Sicherstellung eines hohen Beratungsniveaus versuchen Händler sich von der Online Konkurrenz abzugrenzen. Mit einzigartigen Angeboten und bedachten Werbemaßnahmen kann zudem eine Differenzierung von den oft standardisierten Produkten der online Händler gelingen. Es ist zu hoffen, dass diese Maßnahmen (ggfs. in Kombination mit ausgewählten E-Commerce Schritten) dauerhaft zu einem hinreichenden Umsatzvolumen führen.

Es mag Nischen geben, in denen eine solche offline Strategie erfolgreich ist. Entscheidend ist es hierbei, sich auf Produkte und Dienstleistungen zu spezialisieren, die nicht leicht online beschaffbar sind, bspw. beratungsintensive Produkte, verderbliche Produkte oder regional typische Produkte, bei denen das physische Einkaufserlebnis im Vordergrund steht.

Die Studienergebnisse legen nahe, dass ein größerer Anteil der Händler über ein online-Konzept nachdenken sollte. Um die Herausforderung durch die online Konkurrenz als Chance für neue Umsatzquellen zu sehen ist ein Paradigmenwechsel notwendig. Bildungs- und Beratungsinitiativen, die Händler darin befähigen, die Chancen der Digitalisierung zu nutzen, sollten unter die Lupe genommen und gegebenenfalls ausgebaut werden, um die vermeintlich hohen Investitionskosten und das fehlende Know-how der Händler zu reduzieren und maßgeschneiderte Lösungen für das jeweilige Shop-Konzept zu implementieren. Aussitzen ist keine Option, denn eine junge und besonders online-affine Generation wächst nach.

Dieser Artikel ist ein Gastbeitrag im Rahmen unserer Kooperation mit der Hochschule Worms. Die ganze Studie kann HIER heruntergeladen werden.

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