Wie Marketing unseren Einkauf beeinflusst
Wer kennt das nicht? Zuhause schreibt man sich eine Einkaufsliste mit dem Wichtigsten was man benötigt, hat jedoch an der Kasse plötzlich das doppelte an Artikeln in dem Einkaufswagen. Experten schätzen, dass die Supermarkt-Kunden im Durchschnitt 70 Prozent der Kaufentscheidungen emotional und spontan treffen. Doch sind solche Spontankäufe wirklich unsere eigenen Entscheidungen oder werden wir den ganzen Einkauf von Marketingmaßnahmen beeinflusst?
Was Studien uns gelehrt haben
Mehrere Studien beobachteten über Wochen hinweg das Einkaufverhalten eines Kunden im Supermarkt. Untersucht wurde, wie die Produkte platziert werden müssen und bei welcher Umgebung sich der Kunde am wohlsten fühlt. Es stellte sich heraus, dass Kunden sich bei dem abspielen von langsamer Hintergrundmusik sich automatisch langsamer bewegen und somit länger in dem Supermarkt verweilen. Doch auch die Temperatur spielt während des Einkaufens eine große Rolle. Denn innerhalb der Studie wurde festgestellt, dass sich der Kunde bei 19 Grad am wohlsten fühlt. Liegt die Temperatur oberhalb den 19 Grad empfindet der Kunde das Einkaufen als anstrengend und die Lust einzukaufen schwindet. Ist die Temperatur niedriger als 19 Grad könnte der Kunde beginnen zu frieren und eilt durch die Gänge um den Supermarkt schnellstmöglich zu verlassen.
Wie Supermärkte aufgebaut sind
Häufig beginnt das Einkaufserlebnis in einem Supermarkt mit der Obst- und Gemüseabteilung. Diese wird auch als die so genannte „Bremszone“ bezeichnet. Denn grundlegend hat der Kunde ein schnelles Tempo bei dem Betreten des Ladens - benötigt aber in der Regel immer etwas Obst oder Gemüse. Somit wird der Kunde direkt etwas ausgebremst und behält das langsamere Tempo erst einmal bei. Es ist jedoch nicht nur die Geschwindigkeit die bei der Platzierung dieser Abteilung eine Rolle spielt. Des Weiteren soll dem Kunden direkt das Gefühl von Frische und Qualität vermittelt werden. Aus diesem Grund werden die Produkte der Obst- und Gemüseabteilung häufig sehr aufwändig und mit viel Licht präsentiert.
Immer häufiger werden Supermärkte auch so aufgebaut, dass sich der Eingang auf der rechten Seite befindet und der Kunde sich im Markt links herumbewegen muss. Tests haben gezeigt, dass „linksdrehende“ Supermärkte höhere Umsätze erzielen. Woran das liegt? Die Antwort auf diese Frage ist eigentlich ganz einfach. Der größere Teil der Bevölkerung sind Rechtshänder. Diese laufen gerne in einem Supermarkt links herum, damit sie mit der rechten Hand die Produkte schneller greifen können. In die Marktmitte wird der Kunden durch besondere Angebote gelockt.
Auf der Suche nach NIVEA, Miracoli oder Nutella? Gut, dass diese Produkte immer auf Augenhöhe sind. Denn die teurere Ware, die dem Supermarkt die höchste Marge verspricht, befindet sich immer in der so genannten „Greifzone“. Die günstigeren Artikel befinden sich häufig entweder weiter oben in der so genannten „Reckzone“ oder unten in der so genannten „Bückzone“. Die Anstrengung und die schlechte Sichtbarkeit der anderen Produkte schadet dem Verkauf jedoch nicht, da der Kunde das was er sucht auch direkt vor sich findet – nur eben für mehr Geld.
Um das Tempo des Kunden dauerhaft auszubremsen befinden sich in den Gängen unterschiedliche Aktionswaren. Darunter fallen beispielsweise Wühltische, Aufsteller oder Paletten Aufbauten. So wird dem Kunden das Gefühl vermittelt, dass er bei diesen Aktionswaren Geld sparen kann und er betrachtet diese Produkte automatisch genauer. Des Weiteren sind immer mehr Produktgruppen nebeneinander platziert. Aus diesem Grunde findet man beispielsweise die Nudelsoßen mittlerweile direkt neben den Nudeln. Die iPhones befinden sich direkt neben Ladekabel und Kopfhörer. Der Kunde ist somit nicht länger damit beschäftigt die Produkte, die zu ihrem eigentlichen Kauf passen, aufwändig zu suchen und ist aus diesem Grund leichter zu einem Spontankauf bereit.
Möchte der Kunde nach Feierabend nur schnell das Nötigste wie Brot, Milch, Wurst und Toilettenpapier einkaufen, wird er merken, dass dies nie so schnell funktioniert wie er denkt. Denn die meisten Supermärkte sind so aufgebaut, dass alle Grundnahrungsmittel und wichtigsten Haushaltswaren möglichst weit voneinander platziert sind. So befindet sich meist am Eingang die Obst- und Gemüseabteilung, in der hinteren Ecke die Molkerei-Produkte und kurz vor der Kasse Haushaltswaren wie Toilettenpapier und Haushaltstücher.
Nach dem Kauf geht es weiter an die Kasse. Und wer kennt es nicht? Man legt die Ware auf das Kassenband und betrachtet die kleinen abgepackten Produkte links und rechts. Batterien, ein kleiner Schokoriegel und Kaugummis – könnte man ja alles mal mitnehmen, wenn man schon warten muss. Auch für die Kleinsten ist die Kassenzone immer sehr interessant. Denn die so genannte „Quengelzone“ bietet häufig auch kleine Spielwarenartikel und jede Menge Süßigkeiten. Um das Geschrei zu vermeiden, wird häufig gekauft was das Herz der Kleinsten begehrt. Aber auch die etwas kleineren, aber auch unangenehmeren Artikel befinden sich in der Kassenzone. Um das Schamgefühl so gering wie möglich zu halten, aber die Umsätze aufrecht zu erhalten, platzieren Supermärkte Produkte wie Kondome oder kleine Schnäpse häufig an der Kasse.
Was den Einkauf noch zu einem Erlebnis werden lässt
Bereits vor dem Betreten des Supermarkts wird darüber nachgedacht, ob heute die Hände oder der Einkaufskorb reicht oder ob man doch einen Einkaufswagen benötigt. Kunden, die sich für den Einkaufswagen entscheiden, werden schnell Teil einer indirekten Falle. Denn die Größe der Einkaufswagen hat sich in der Vergangenheit immer mehr erhöht. Denn so erscheinen dem Kunden die gängigsten Artikel, wie beispielsweise zwei Beutel Milch und eine Packung Eier, als ein kleiner Einkauf und fühlt sich nicht direkt schlecht, wenn er doch noch zu etwas Wurst und Käse greift. Doch nicht nur der Einkaufswagen für den Erwachsenen spielt bei dem Einkauf eine Rolle. Mittlerweile bieten immer mehr Supermärkte Einkaufswagen für Kinder an. Der Grund dafür ist einfach: die Kinder beginnen bereits selbst einzukaufen und füllen ihren Wagen mit Süßigkeiten und Spielzeug. Um das Geschrei an der Kasse zu vermeiden, landen die meisten Produkte tatsächlich auf dem Kassenband.
Fast jeder Supermarkt verfügt mittlerweile über eine eigene Backwarenabteilung und das Schöne daran – die riecht so gut! Doch auch hier wird häufig getrickst: die Ware wird häufig nicht frisch vor Ort gebacken, sondern die Backwarenabteilung ist mit guten Duftdüsen ausgestattet. Diese verstreuen den guten Duft von frisch aufgebackenen Backwaren. Neben den Brötchen stehen natürlich auch häufig Wurst und Käse auch auf dem Einkaufszettel. Die Nachfrage nach frischen und regionalen Produkten steigt nachweislich immer mehr. Aus diesem Grunde greifen auch immer mehr Kunden auf die Frischetheken zurück, in denen die Ware frisch vor ihren Augen präsentiert, zugeschnitten und eingepackt wird. Aber auch hier wird oftmals viel getrickst. Durch verschiedene LED-Strahler wirken die Produkte schnell viel farbintensiver als sie tatsächlich sind.
Eine weitere Erneuerung in den Supermärkten sind die digitalisierten Preisschilder. Somit trennen sich die Unternehmen von den starren Papierpreisschildern und gehen über zu flexiblen und anpassbaren Preisschildern. Hier befürchten die Verbrauchsschützer bereits die Manipulation der Preise. So könnten beispielsweise Bier- und Chipspreise vor einem wichtigen Fußballspiel kurzfristig erhöht werden.
Fazit
Das Konsumverhalten hat sich in der Vergangenheit immer wieder verändert und dieser Prozess wird weiterhin seinen Lauf nehmen. Um die Kunden genau bei ihrem Bedürfnis abzuholen, benötigt es eben Marketingstrategien. Für Kunden reicht es heutzutage nicht mehr aus rein ihre Erledigungen abzuhaken – der Erlebnischarakter steht bei dem Gang zu dem Supermarkt immer mehr im Vordergrund. Hierbei spielt es keine Rolle, ob der Kunde das Gefühl hat, dass er gerade ein Mega-Schnäppchen gemacht hat oder ob er von der Frische und Qualität der Ware überzeugt wird. Um dem starken Druck der Konkurrenz standzuhalten werden langfristig gesehen immer mehr Supermärkte dem Konsumverhalten und den Ergebnissen von Langzeitstudien angepasst. Man darf gespannt sein, was es zukünftig zu erleben gibt.
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